Heute leider eine traurige Geschichte. Ein sehr guter Kumpel von mir ist am Sonntag gestorben. Herzinfarkt. 38 Jahre. Hinterlässt Frau und 9jährige Tochter. Soweit die Fakten. Die Tragödie dahinter lassen sie nicht im Mindesten erahnen geschweige denn erfühlen. Ein Abgrund, schwarz wie die Nacht. Beängstigend und unbegreiflich.
Wir hatten uns in den letzten Jahren etwas aus den Augen verloren. Jeder hatte sein Leben, seine Familie, seine Verpflichtungen. Wir trafen uns nur noch gelegentlich, auf den Trödlermarkt, beim Einkaufen oder eben beim Eishockey. Doch wenn wir miteinander redeten, war es immer so, als ob wir uns erst vor ein paar Tagen zu letzten Mal gesehen hatten und nicht schon seit Monaten nicht mehr.
Vor 15, 20 Jahren waren wir richtig gute Kumpels. Fast jedes Wochenende war irgendwo Party und du und dein älterer Bruder, ihr ward immer Garant für einen gelungenen, ach, was sag ich, spektakulären Abend. Wir waren nie beste Freunde, aber wir hatten viel Spass zusammen. Wir waren in Freiburg, Düsseldorf, Rosenheim und zig anderen Eishallen in Deutschland und der Schweiz. Der SERC und die Wild Wings haben die immer viel bedeutet. Wahrscheinlihch genauso viel wie mir. Auch wenn du nach jeder Niederlage stocksauer und schimpfend aus dem Stadion gestapft bist. Am nächsten Spieltag warst du wieder da.
Heute hörte ich „du bist mein Leben ERC“ an deinem offenen Grab. Hunderte Menschen waren anwesend. Du warst im Schützenverein, im Fußballklub, in der Hexenzunft. Leere Blicke überall. Das verzweifelte Schluchzen deiner Tochter hat mich bis in mein Innerstes berührt und wird mich lange verfolgen. Eine Seele in Aufruhr. Von einer Minute auf die andere in den schlimmsten Albtraum katapultiert. Glaub mir, ich kann sie so gut verstehen. Du weißt wieso. Friedhöfe sind kein guter Ort. Erst recht nicht im Herbst, wenn der kalte Wind die verdorrten Blätter von den Bäumen weht und alle frösteln lässt. Es wird keinen Sommer mehr geben. Es ist immer wieder dieser verdammte Oktober, der mir den Abgrund zeigt, um den wir alle taumeln. Ich würde sie so gerne trösten, doch ich kann es nicht. Sie kennt mich kaum. Und jeder begräbt einen eigenen Toten.
Ganz anders als den sogenannten „Pfarrer“. Er begnügte sich mit einer 08/15 Predigt, bei der dein Name das einzig Individuelle war. Statt auf dein Leben einzugehen, hervorzuheben was dich einzigartig machte, faselte er davon, dass der „Herr“ dir deine „Schuld“ vergeben solle. Schuld. Angst. Unterwerfung. Das ist alles was ihr könnt. Kein Wort des Trostes. Was für ein Bullshit. Ich könnte kotzen. Ihr und euer Verein, ihr seid solche Heuchler.
Es gibt eine Szene, die ich auf ewig mit dir verbinden werde. In „Das Leben des Brian“ fragt ein aufgeregter Legionär die beiden Kerkerwärter, wohin Brian geflüchtet sei. Die beiden stammeln, stottern und gestikulieren nur unverständliches Zeug. Als der Legionär die beiden entnervt links liegen lässt, setzen diese in völlig normalem Tonfall ihre Unterhaltung fort; „wo waren wir stehengeblieben…“. zum Schreien. Wir haben die Szene hunderte Male gesehen und mindestens genauso oft selbst nachgespielt. „Wir haben noch haufenweise hinten im Haus…“ war unsere Begrüßung. Andy, ich vermisse dich, und wir werden uns wiedersehen. Irgendwann. An einem besseren Ort. Wo keine Pfarrer sind.