Nein, eigentlich wollte ich nix schreiben. Keine platten Parolen, keine scharfsinnigen Analysen und erst recht keine tiefschürfende Gedanken zu Taktik, Trainer, Traumtoren und Torträumern. Keine subjektive Sicht der Dinge diesmal. Obwohl sich der Hockeygott wahrlich nicht lumpen ließ und genug Stoff lieferte für epische Tragödien. Der achsokleine Schwan gegen die grünen Horden aus dem Ellenland, äh Auental, äh Dingenskirchen.
Nun komm ich doch noch hinterm Ofen vor. Wie die sprichwörtliche „alte Fasnet“. Denn etwas ist mir aufgefallen. Etwas war anders als sonst.
Es ist Mai, es wird tatsächlich Frühling, nach diesem unendlichen, pechschwarzen Winter. Das letzte Spiel ist lange her. War irgendwas? Ich kann mich kaum erinnern. Alles schon so lange her, so weit weg. Hättewennundaber. Kaum war’s vorbei, kaum war die Sprachlosigkeit einer wortgewaltigen Leere gewichen, schon wurden zig neue Säue durch zig Dörfer getrieben. DEL2 undsoweiterundsofort. Ihr wisst schon. Darüber werd ich nun bestimmt nicht schreiben.
Aber zurück zum Thema. Wie war die Frage? Ach ja, etwas war anders. Die Kommunikation. An Foren hat sich der gemeine Eishockeyfan längst gewöhnt. Ein alter Hut. Fünf Leute schreiben was Vernünftiges, 20 Trolle antworten. Diskussionskultur? Hä?
Zugegeben – auch „soziale Medien“ sind selbst in unserer Provinz nicht gänzlich taufrisch. Aber auf einmal wurden Playoffbärte getwittert, posteten Spieler, dass sie den Verein verlassen werden, baten Trainer bei Facebook um Verständnis, dass sie sicht nicht zu diesem oder jenem Thema öffentlich Stellung bezogen. Gaben Einblick in Bereiche, die jahrzentelang verschlossen waren.
Dieses Internet ist tatsächlich angekommen in unserer Randsportart. HD-Videos! Wir diskutierten uns die Köpfe heiß. Puck drin oder nicht? Tor verschoben oder nicht? Bild für Bild wurde analysiert, diskutiert, geshared und geposted. Es waren Social Media Playoffs. Die ersten überhaupt. In unserer unbedeutenden Randsportart gab es plötzlich Interviews nach Spielende und bewegte Bilder aus der Kabine. Fast wie im richtigen, im großen, Sport. Plötzlich gab es Einschätzungen, Analysen und O-Töne unmittelbar nach Spielende. Und nicht nur einen langweiligen, fehlerstrotzenden Zwanzigzeiler im Regionalsport der Tageszeitung. Morgen vielleicht oder übermorgen. Die Informationshoheit hat sich verschoben. Ebenso wie die Informationsgeschwindigkeit. Und zwar gewaltig. Und was machen diese sogenannten „Qualitätsmedien“ – sie stützen sich gierig auf die WWW-Gerüchteküche und vergaloppieren sich dabei; müssen Federn lassen. Nichts ist so alt wie die Zeitung von morgen.
Spieler diskutieren online mit Fans. Fans twittern Motivationssprüche. Liveticker tickern sich heiß, vor mehr Usern, als Zuschauer im Stadion sind. Schöne neue Welt. Ist es eine ehrliche Diskussion? Oder nur Scheinkommunikation. Erstarrt der frische Wind schon bald in Floskeln? Es war das erwartet schwere Spiel. Wir denken immer nur von Spiel zu Spiel. Nur nicht den Sand in den Kopf stecken. Ist es nicht großartig? Ist es nicht toll? Diese Transparenz? Diese Direktheit? Hat es Team und Fans enger zusammengebracht? Wurde nicht nur übereinander, sondern miteinander geredet, gelacht und gezittert? Öffnete sich da eine Tür und gab einen Blick frei, ich die jeweils andere Welt? Ehrlich, ich weiß es nicht. Und wenn, dann würde ich bestimmt nicht darüber schreiben.