Durchatmen

So. Das war es also, das erste „richtige“ Eishockeywochenende nach mehr als 10 Jahren. Zeit also, kurz durchzuatmen und die Ereignisse von Freitag und Sonntag Revue passieren zu lassen.

Was mich am meisten überrascht hat, waren nicht die Spiele an sich, sondern die mediale Aufmerksamkeit die den Wild Wings entgegengebracht wurde. Sportschau, FAZ, Kicker, Stuttgarter Zeitung berichteten und selbst Sport im Dritten beendete seine jahrelange Ignoranz gegenüber den Wild Wings und berichtete über die Rückkehr in die DEL – inklusive Studiogast Alexander Dück. Nicht schlecht, für ein Provinzteam in einer Randsportart. Und ich meine das überhaupt nicht sarkastisch. Zumal praktisch alle Artikel durchweg sehr positiv sind. Keine Rede von Mauscheleien am grünen Tisch oder Ähnliches, kein spöttischer Blick auf einen Dorfklub der versucht Großstadt zu spielen. Sondern, so zumindest mein Eindruck, ehrliches Wohlwollen und Respekt für einen Traditionsverein, der mit bescheidenen Mitteln Großes geleistet hat.

Es war ein kurzer, atemloser Sommer. Ein Ritt auf der heißen Stricknadel sozusagen. Innerhalb weniger Wochen musste nicht nur eine komplett neue Mannschaft aus dem Boden gestampft werden, sondern auch das gesamte Umfeld DEL-tauglich gemacht werden. Neue Bande, Videowürfel, Presseraum, Schiedsrichtereingang undsoweiterundsofort. Alles Dinge, die sich nicht von selbst machen, sondern Zeit, Geld und Nerven fressen. Man kann die Leistung aller Beteiligten dafür gar nicht hoch genug einschätzen!

In meinem Artikel von Freitag sprach ich vom „Year Zero“, vom Jahr Null für die Wild Wings. Von einem Lehrjahr ohne Erwartungen. Und nach zwei Spieltagen lässt sich zumindest eine Tatsache festhalten: es wir ein verdammt hartes Brot werden, dieses Jahr. Jede Schicht wir harte Arbeit. Jeder Puck muss hart erkämpft und härter verteidigt werden.

War das Spiel in Mannheim noch eine äußerst angenehme Überraschung, die nur haarscharf an der Sensation vorbei schrammte, so war das Heimdebüt gegen Krefeld eine echte Lehrstunde. Ich will nicht sagen, dass die Wild Wings hoffnungslos unterlegen waren, aber objektiv betrachtet waren sie hoffnungslos unterlegen. Die Pinguine waren in allen Belangen schneller, besser, cleverer. Aber wen wundert das? Auf der einen Seite ein Team, dass letzte Saison im Halbfinale der DEL stand, und dass sich gezielt und punktuell verstärken konnte, gegen einen zusammengewürfelten Haufen, der gerade mal vier Wochen zusammen auf dem Eis steht.

Denn –und das ist die gute Nachricht– die Spieler können mithalten. Sie haben die Statur, die Geschwindigkeit und die Erfahrung.  Aber ein Team ist eben mehr als die Summe seiner Einzelspieler. Es fehlt an Abstimmung, Abstimmung, Abstimmung. Und Abstimmung kommt nicht von heut auf morgen. Sowas braucht Zeit. Das ist die schlechte Nachricht. Wir werden uns noch so manche blutige Nase holen. Und wir müssen schnell lernen. Das es gehen kann, das hat man in Mannheim immer wieder gesehen.

Aber, auch das ist keine revolutionäre Erkenntnis, es wird nicht mit 80, 90 oder 95% Einsatz gehen. Nur wenn jeder (und da schließe ich die Zuschauer mit ein) immer wieder über sich hinauswächst, wird man sich gegen teils übermächtige Gegner zur Wehr setzen und respektabel verkaufen können.

Ausblick. Nächsten Freitag kommt Iserlohn (die gestern immerhin 5 Tore gegen den amtierenden Meister aus Berlin erzielt haben) und am Sonntag geht’s nach Düsseldorf. Es wäre auf jeden Fall hilfreich in diesen beiden Spielen zu punkten, denn am darauffolgenden Wochenende heissen die Gegner Köln und München – da wird nicht viel zu holen sein. Und wenn nach sechs Spielen immer noch „0“ auf dem Punktekonto stünde, wird der ein oder andere garantiert unruhig.

Dann wird auch das Medienecho nicht mehr durchweg positiv ausfallen.

 

 

 

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