Eigentlich hatte ich ja vor, nichts zu schreiben. Denn eigentlich wurde bereits alles gesagt, geschrieben und gepostet.
Und das – im Gegensatz zur Meinung eines Gesellschafters – in den meisten Fällen sogar durchaus sachlich und konstruktiv. Natürlich fällt im Eifer des Gefechts schon mal ein unangemessenes Wort und natürlich trollt der ein oder andere gelangweilte Junggeselle auch gern um des Trollens Willen, aber verglichen mit der Resonanz in den sozialen Medien auf andere Vereine/Themen/… ging es doch insgesamt recht gesittet zu. Und als Macher eines Vereins sollte man sich immer über die Leidenschaft seiner Anhänger freuen.
Letztendlich habe ich aber doch etwas geschrieben; der SERC / die Wild Wings haben mir über die letzten fast drei Jahrzehnte zu viel gegeben, sich zu tief in mein Herz gegraben, als dass ich nun einfach schweigen könnte.
Ja es wurde bereits alles gesagt. Dass der Kader zu schwach ist, hat sich erst heute wieder gezeigt, als man gegen dezimierte Berliner leidenschaftlich gekämpft und lange mitgehalten hat. Doch am Ende stand man mit leeren Händen da. So wie schon so oft in dieser Saison. Es reicht einfach nicht.
Nun ist ja nicht so, als wären wir meilenweit hinter den anderen Teams, aber es fehlt ein (oder besser zwei) Schlüsselspieler. Leader, die vorangehen, die Mannschaft mitreissen und die auch mal den Unterschied machen. „Die Verantwortung auf viele Schultern verteilen“ nannte man es vor der Saison. Ich nenne es Milchmädchenrechnung. Man kann aus drei Ackergäulen kein Ersatz für ein Rennpferd basteln
Aber darum soll es überhaupt nicht gehen. Die alltäglichen Skandälchen und Geschichtchen, das alles soll uns heute nicht interessieren. Dafür ist der schwarze Schwan zuständig. Betrachten wir die Situation aus einer höheren, einer metaphysischen, Flugebene.
Was ist das ureigenste Ziel eines jeden Berufssportlers? Um was dreht sich die Welt des professionellen Sports, wenn man all das bunte Lametta, all das Gerede von Tradition und echter Liebe weglässt?
Richtig. Es geht um den Erfolg. Und um nichts anderes. Die Tabelle lügt nicht. Im Falle unseres Sports geht es darum, möglichst viele der 156 zu vergebenen Punkte für sich zu verbuchen. Diese Einfachheit macht den Sport so attraktiv und so reizvoll. Es gibt nur Schwarz oder Weiss. Jeder rasierte Affe versteht das Prinzip intuitiv. Profisport ist Dschungel, ist natürliche Auslese, ist das Recht des Stärkeren.
Anders als im Hobby- oder Breitensport geht es nicht um Vergnügen, Leibesertüchtigung oder gar Fairplay. Profisport kann nicht altruistisch oder emphatisch betrieben werden. Wer sich an der reinen Schönheit, der Bewegung gut trainierter Leiber auf glattem Untergrund, erfreuen will, muss in die Kunst wechseln und Hymnen oder Epen erschaffen, um die Ästhetik eines perfekt ausgeführten Handgelenkschusses in Versen oder Partituren zu verewigen. In einer professionellen Liga ist dafür kein Platz.
Was muss man tun um erfolgreich zu sein? Man muss dem Erfolg alles unterordnen. 7 Tage die Woche, 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Deshalb hat ein Olli Kahn schonmal einen Mitspieler im Training ordentlich durchgeschüttelt wenn dieser zu viel Laisser-Faire zelebrierte, deshalb tragen Skispringer Anzüge, die 0,01qm größer sind als erlaubt, deshalb tüftelen die Formel 1 Teams an neuen Flügeln, Flossen oder was auch immer. Hauptsache es läßt sich auch nur eine zusätzliche Millisekunde aus dem Auto kitzeln, Hauptsache der Sprung geht nur Zentimeter weiter. Profisport bedeutet sich immer am oder über dem Limit zu bewegen.
Vorausgesetzt man verfügt über genügend Geld, kann man Erfolg zumindest mittel- oder langfristig kaufen. Hat man kein SAP oder RedBull im Rücken und ist mit einem eher schmalen Geldbeutel gestraft, muss man erfinderischer, cleverer sein als die Konkurrenz. Erfolgreich zu sein bedeutet auch, das Regelwerk nach Schwachstellen und Hintertürchen abzuklopfen.
Ein Hintertürchen im Eishockey ist seit jeher die Lizenzierung sog „Zweiflaggenspieler“. Man muss nur den angeheirateten Schwipschwager mütterlicherseits des Großvaters finden, der seinerzeit aus Albstadt-Tailfingen nach Winnipeg, Kanada, ausgewandert ist – und schwups, schon hat man eine ganz andere Basis für die Kaderplanung. Das Reservoir an halbwegs talentierten und bezahlbaren Spielern scheint jenseits des großen Teichs unerschöpflich. Jedenfalls sehr viel größer als im fussballverseuchten Schland.
Wenn das Reglement dieses Hintertürchen zulässt – dann ist das erstmal so; und dann muss mit den Wölfen heulen. Man kann es gut finden, man kann es verwerflich finden, aber sich dieses Hintertürchens nicht zu bedienen ist grob fahrlässig und beraubt einen Verein eines Großteils seiner möglichen Optionen. Ein 100m Läufer bindet sich ja auch keine Kanonenkugel ans Bein nur weil ihm eines Tages in den Sinn kam, dies sei sein „Weg“ unter all den unzähligen Kurzstreckenläufern. Als Sprinter bist du entweder schnell oder du bist schnell weg von Fenster.
Aus diesem Grund ist auch der sogenannte „Schwenninger Weg“, dieses halbgare Konglomerat aus Selbstmitleid und Sich-den-anderen-moralisch-überlegen-fühlen ein Holzweg. Er ist eine Geldverbrennungsmaschine. Er führt zu überhöhten Gehältern für Spieler, die bestenfalls Ergänzungsspieler sind (Stichwort Angebot und Nachfrage) und er legt willkürliche Kriterien der Spielerverpflichtungen fest.
Keine Frage: es ist ein ehrenvolles Ziel, sich der Nachwuchs- und Talentförderung zu verschreiben. Nur ist dies, ebenso wie die Weiterentwicklung der Nationalmannschaft, Aufgabe des DEB und der Liga. Es ist nicht Aufgabe der Schwenninger Wild Wings.
Selbst wenn die Nationalmannschaft auf Grund von zu wenigen Spieler aufgelöst werden muss, so ist das nicht unser Problem
(Das auch DEB auf Deutschkanadier setzt, sei an dieser Stelle nicht weiter erwähnt)
Im Schwäbischen gibt es den Archetypus des „Cleveres“; ein (nicht zwingend sympathischer, Anm. des badischen Autors) Zeitgenosse, der tief in seiner Region verwurzelt ist, dem seine Traditionen, seine Spätzle und Kehrwochen heilig sind. Ein kleiner Mann, der sich nichts sagen lässt, weder vom Nachbarn noch vom Kaiser von China. Einer, der sich seinem Schicksal stellt und der mit List und Tücke seinen Weg geht, der den Widrigkeiten des Alltags mit immer neuen Ideen und Einfällen trotzt – und der im entscheidenden Augenblick mit verschmitztem Grinsen ein Ass aus dem Ärmel zieht. DAS wäre ein Schwenninger Weg.