Hurra, wir sind die besten!

Momentaufnahme 1:
Wir schreiben den 10. Dezember. Kurz nach 22.00 Uhr. Die Wild Wings sind gerade dabei, die Landshut Cannibals zu besiegen. Das Volk tobt, die Stimmung ist prächtig. Nicht weit von meinem Stehplatz in der Mitte der Gegengeraden ist folgende Szene zu beobachten. Ein Zuschauer mittleren Alters, Modell Vokuhila und Cowboystiefel, herzt und busselt seine Nachbarn und grunzt mit kehligen Lauten immer wieder „Diä sin soo geil, diä sin soo geil“. Er meinte damit wohl das Auftreten und die Spielweise der Wild Wings.

Momentaufnahme 2:
21. Januar ebenfalls kurz nach 22.00 Uhr. Diesmal heißt der Gegner Crimmitschau. Diesmal steht es 3:5. Unser Zuschauer -nennen wir ihn Horst- steht wieder an seinem angestammten Platz. So wie schon seit Jahren. Doch Horst ist heute nicht nach busseln zumute. Sein Kopf ist hochrot. Während er sich in wüsten Beschimpfungen ergeht tropft ein Speichelfaden in seinen Bierbecher. Er hadert mit Gott und der Welt wie vor ihm nur der biblische Hiob. Das war der mit der Botschaft. Ihr wisst schon.
Wortfetzen bleiben hängen: „Söldner“, „charakterloser Haufen“, „Geh doch zurück nach Freiburg“ und immer wieder „diä sin sooo schläääächt“.
Zugegeben es war wahrlich nicht berauschend was unsere Wings in letzter Zeit abgeliefert haben. Aber was habt ihr erwartet? Einen Durchmarsch? Eine Saison ohne Niederlage? Gästeteams die aus Angst vor zweistelligen Niederlagen erst gar nicht anreisen (An dieser Stelle ein Gruß nach Kaufbeuren ;)?
Träumt weiter.Horst beschwert sich immer über die so genannten Erfolgsfans. Die kämen nur wenn das Team oben stünde. Und die hätten keine Ahnung. Horst übrigens auch nicht. Trotz mehrjähriger Zuschauerkarriere weiß er bis heute nicht was Abseits ist. Fährt ein gegnerischer Spieler ins Schwenninger Verteidigungsdrittel wird reflexartig „Aaaabseits du blinde S**“ gebrüllt. Jeder ist seiner Beschränktheit Schmied.
Vor Horst steht ein etwa 11-jähriger Junge. Offensichtlich sein Sohn. Die Ähnlichkeit ist nicht zu übersehen. Auch ohne Cowboystiefel. Auch er brüllt fast ununterbrochen „Schiri du Wi***er“. Er will seinem Vater imponieren.
Das Spiel an sich versteht er nicht. Niemand hat ihm die Spielregeln erklärt. Mittags der besoffene Elch bei Viva, abends der pöbelnde Vater. Pisa ick hör dir tapsen.

Momentaufnahme 3:
Das Spiel ist längst vorbei. Vor der Halle steht ein einsamer Junge im kalten Nieselregen. Sein Trikot reicht ihm bis zu den Knien. Goalie Rostislav „Hugo“ Haas kommt frisch geduscht und niedergeschlagen aus der Kabine. Der Kleine bittet schüchtern um ein Autogramm. Hugo unterschreibt. Der Augen des Jungen leuchten. Auch Hugo kann wieder lächeln.

 

Schreibe einen Kommentar